Patronatserklärung abgegeben: Einigung IG Metall und HAP steht an

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Ein langer Abfindungsstreit lag der Ende Mai veröffentlichten Patronatserklärung zugrunde. Hörmann Automotiv in Penzberg (HAP) und die IG Metall konnten sich auf einen Sozialplan einigen.

Patronatserklärung: IG Metall und HAP einigen sich

Vorläufig geht die Produktion bei HAP weiter, dies sieht die Ende Mai 2019 veröffentlichte Patronatserklärung vor. Der Verhandlungsmarathon, der hier in der Nacht durchgeführt wurde und erst am Morgen des nächsten Tages sein Ende fand, endete mit der Einigung auf einen Sozialplan: Die knapp 700 Mitarbeiter des Unternehmens sollen rund 20 Millionen Euro als Abfindung zugesprochen bekommen.

Die Summe selbst stand schon länger im Raum bzw. war sie fest zugesagt worden. Lediglich eine Möglichkeit, wie diese Summe abgesichert werden sollte, stand bislang noch nicht fest. Nun äußerte sich Daniela Fischer von der IG Metall zufrieden darüber, dass die Abfindungen doch noch abgesichert werden können. Mit der Patronatserklärung erklärte auch der neue Gesellschafter, der die juristischen Möglichkeiten ausgelotet hatte, dass die Zahlungen fix seien. Die FTH Fahrzeugteileholding wird damit zum Kreditgeber für HAP und habe bereits ein Treuhandkonto eingerichtet.

Die Einigung im Abfindungsstreit hatte deshalb so lange auf sich warten lassen, weil die juristischen Kniffe und Verträge für die Zeit nach der Schließung des Werkes zu Ende Juni 2020 sehr komplex waren. Da nun alle Varianten durchgespielt worden sind und die Entscheidung über die Abfindungen gefallen ist, hofft man bei HAP, dass die Produktion im Werk bis zur Schließung ordentlich weitergeführt werden könne.

Video: Hörmann Automotive Wackersdorf GmbH

Patronatserklärung nach elf Stunden Verhandlung erreicht

Ganze elf Stunden hatten die Verhandlungen gedauert, in denen die Themen Zahlungsunfähigkeit, Verbindlichkeiten, Absicherung der Mitarbeiter und Fortführung des Werkes im Raum standen. Als die Besprechungen endeten, war die Erleichterung der Beteiligten geradezu greifbar. Auf der einen Seite stand Daniela Fischer von der IG Metall, auf der anderen Seite Johann Schmid-Davis, seines Zeichens nach Finanzchef von Hörmann. Außerdem war ein Sprecher der FTH Fahrzeugteileholding beteiligt.

Die gefundene Lösung, 20 Millionen als Abfindung zu zahlen, war schnell ausgemacht. Doch das größere Problem stellte die gewünschte Rechtssicherheit für dieses Geld dar. Wie sollte die Finanzierung stattfinden und wie gesichert werden? Letzten Endes kam das Modell des Treuhandkontos auf den Tisch, nachdem etliche Varianten durchgespielt worden waren.

Die meisten dieser Optionen wurden seitens der befragten Juristen vom Tisch gewischt, denn sie waren viel zu unsicher. Arbeitnehmervertreter und Vertreter des Konzerns wollten aber für die Angestellten das Maximum herausholen, daher waren die bestehenden Ideen alle nicht gut genug. Und so diskutierten die Beteiligten bis aufs Messer und fanden nach elf Stunden Besprechung sämtlicher Details zu Finanzierung und Verbindlichkeiten endlich eine Lösung.

Patronatserklärung mit gewaltiger Summe abgegeben

20 Millionen Euro, das ist die Summe, auf die man sich in der Patronatserklärung geeinigt hat. Eine Menge Geld für ein Unternehmen des Mittelstands! Diese „gewaltige Summe“ ist etwas mehr als ein Drittel der bestehenden Finanzmittel, über die die Hörmann-Gruppe verfügen kann.

Noch vor wenigen Tagen vor der Einigung sah die Situation weitaus bedrohlicher aus. Damals drohten die Mitarbeiter, vor den Toren des Werks in Sitzstreik zu treten, denn in der Betriebsversammlung konnte keine Einigung erzielt werden.

Die Angestellten zeigten sich solidarisch mit den Interessen des Betriebsrats. Schon allein aufgrund dessen ist es zu begrüßen, dass nun endlich eine Einigung erzielt und die Patronatserklärung abgegeben wurde. Gut, dass all die verschiedenen Varianten, die durchgespielt wurden und mehr oder weniger ernsthaft als mögliche Vorgehensweise diskutiert worden sind, endlich zu einem Ergebnis geführt haben, das für alle Beteiligten von Vorteil ist.

Video: Wie sich die IG Metall vor der neuen Konkurrenz wegduckt

Patronatserklärung: Volle Auftragsbücher bei Hörmann

Interessant ist, dass eine angebliche Zahlungsunfähigkeit besteht und dass händeringend Sicherungsmittel gesucht werden müssen, obwohl es der Firma momentan wirklich gut geht. Die Auftragsbücher sind voll und das Werk so ausgelastet, dass derzeit sogar im Dreischichtbetrieb gefahren werden müsse. Die Lage von HAP ist daher wirklich als skurril zu bezeichnen, manche sagen sogar, sie sei schizophren. Denn überall sind andere Unternehmen abhängig davon, was aus dem Werk an der Seeshaupter Straße kommt. Steyr und MAN sind nur zwei namhafte Firmen, die hier genannt werden müssen.

Bei MAN meinte man sogar, dass eine weitere Betriebsversammlung bei HAP dazu führen würde, dass die Bänder in München stillstehen müssten. MAN war es auch, wo die Angestellten am Freitag der Betriebsversammlung, in der der Sitzstreik angekündigt wurde, sehr nervös wurden. Man wollte sich sogar in die Verhandlungen einmischen, denn die Angst, dass die Gespräche erneut ohne Effekt verlaufen könnten, war groß. Immer wurden auch zu Anfang die Gespräche ergebnislos abgebrochen. Ein Sicherungsmittel musste auch bezüglich eines möglichen Streiks gefunden werden.

Es galt nun immer, einen Streik zu vermeiden, die Möglichkeit, dass es zu einem solchen kommen könnte, schwebte als schwarze Wolke über allem. Am besagten Freitag der Betriebsversammlung kam es zwar zu keiner Einigung, doch über das folgende Wochenende hinweg wurde ein Angebot vorgelegt, das die Beteiligten nicht ablehnen konnten. Dieses führte schließlich zur Einigung der Beteiligten, darunter die IG Metall und FTH Fahrzeugteileholding als Kreditgeber.

Das Vorhaben, unter allen Umständen einem Streik auszuweichen, wäre schwierig umzusetzen gewesen, wenn sich herumgesprochen hätte, dass zum Beispiel MAN nicht mehr hätte produzieren können. Letzten Endes sind nun alle froh darüber, wie es gekommen ist und dass eine Lösung in Form der Patronatserklärung gefunden wurde.

Video: Was regelt ein Sozialplan? – Betriebsrat TV (Folge 146)

Patronatserklärung: Die Lösungen im Einzelnen

Mit der Patronatserklärung wurden nun die wichtigsten Eckpunkte des Sozialplans festgelegt, der für HAP, die IG Metall und FTH relevant ist.

Die folgenden Regelungen wurden dabei getroffen:

  • Die Abfindung erhält jeder Mitarbeiter.
  • Abfindungen werden unabhängig vom Datum des Ausscheidens aus dem Unternehmen gezahlt.
  • Insgesamt stehen laut Patronatserklärung 20 Millionen Euro zur Verfügung.
  • Das Geld wird durch einen Treuhänder verwaltet.
  • Die anstehenden Aufträge müssen abgearbeitet werden.

Sicherlich ist der letzte Punkt kein fester Aspekt der Patronatserklärung, doch zumindest der Wunsch der teilnehmenden Sprecher an der Verhandlung über den Sozialplan. Wichtig war allen, dass es eine Garantie gibt, dass die Abfindung auch wirklich an alle Mitarbeiter gezahlt wird, egal, wann sie aus dem Unternehmen ausscheiden. Diese Berechnungen über all die verschiedenen Zahlungsvarianten waren sicherlich auch ein Grund dafür, dass die Verhandlungen so langwierig waren.

Wichtig war zudem allen, dass die Motivation der Mitarbeiter erhalten bliebe, um den letzten diskutierten Punkt der offen stehenden Aufträge zu erfüllen. Ohne eine entsprechende Motivation der Angestellten sei es laut der Beteiligten nicht möglich, alle noch ausstehenden Aufträge abzuarbeiten.

Nicht vergessen werden darf dabei, dass keiner der Mitarbeiter auf der Straße landen wird. Die Patronatserklärung sieht vor, dass alle Mitarbeiter, die aus dem Unternehmen ausscheiden, auch weiterhin im Konzern beschäftigt werden können, auch wenn sie ihre Abfindung erhalten haben. Allen HAP-Mitarbeitern wurde bzw. werde noch angeboten, dass eine Anschlussbeschäftigung in einem der anderen Werke möglich sei. Es brauche allerdings eine gewisse Flexibilität seitens der Angestellten, um dieses Angebot anzunehmen.

Das nächste Hörmann-Werk findet sich nämlich erst in der Oberpfalz wieder, sodass für viele Angestellte ein Umzug die einzig denkbare Lösung wäre. Dies wiederum ist angesichts des hohen Alters, das die Mitarbeiter von HAP durchschnittlich mitbringen, nicht ganz einfach. Die Belegschaft weist ein Durchschnittsalter von 46 Jahren auf.

Sie stehen damit vor der Entscheidung, die Abfindung zu nehmen und eventuell keinen neuen Job mehr aufgrund ihres Alters zu bekommen oder einen Umzug in Kauf zu nehmen und das eigene soziale Leben völlig auf den Kopf zu stellen. Eine für alle verträgliche Lösung in dieser Hinsicht war bei den Diskussionen um den Sozialplan standortbedingt nicht zu finden.


Bildnachweis:©Shutterstock-Titelbild:  Cineberg

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