Der Branchenverband Plastics Europe hat in seinem aktuellen Bericht festgestellt, dass die gestiegenen Preise für Erdgas in Deutschland zu einem deutlichen Einbruch in der Kunststoff-Produktion geführt haben.
Ralf Düssel von Plastics Europe Deutschland: Auftragslage der Kunststofferzeuger zu Beginn von 2022 positiv
Ralf Düssel, der Vorstandsvorsitzende von Plastics Europe Deutschland, zog zum Jahresbeginn 2022 eine positive Bilanz für die Kunststofferzeuger. Trotz anhaltender Herausforderungen in den Lieferketten und hohen Rohstoffpreisen konnte die Branche von der Aufhebung der Corona-Beschränkungen profitieren, da der Konsum wieder anstieg. Es bestand Hoffnung auf weitere Aufholbewegungen.
Infolge des Ukraine-Konflikts erlitt die Industrie erhebliche Verluste, insbesondere aufgrund der gestiegenen Kosten für den Import von Erdgas und Rohstoffen. Der Gaspreis stieg im August auf fast das Dreifache gegenüber dem Niveau vor Beginn des Ukraine-Krieges im Februar. Diese Preiserhöhung hatte zur Folge, dass die Kunststoffproduktion im Jahr 2022 um 9,6 % zurückging. Zusätzlich dazu verzeichnete der Außenhandel einen negativen Trend, mit einem Rückgang der Importe um 5,7 % und der Exporte um 11,2 %.
Der Umsatz der kunststofferzeugenden Industrie in Deutschland stieg um 13,6 %, was größtenteils auf den signifikanten Anstieg der Erzeugerpreise (+23,6 %) zurückzuführen ist. Dennoch betont der Verband, dass dies nicht zwangsläufig zu entsprechenden Gewinnen der Unternehmen geführt hat.
Seit September 2022 verzeichnet Europa einen kontinuierlichen Rückgang des Gaspreises. Die Kunststoffhersteller gehen davon aus, dass dies im Jahr 2023 zu einer leichten Erholung des Geschäftsverlaufs und der Energiemärkte insgesamt führen wird. Dennoch wird für das kommende Jahr ein weiterer Rückgang der Produktion von Kunststoffen in Primärform um 10 % gegenüber dem Vorjahr erwartet.
Düssel, der Verbandschef, äußerte seine Besorgnis über die Situation in der deutschen Kunststoffindustrie. Um die Krise zu überwinden, müssen wir dringend die hohen Energiepreise in den Griff bekommen, da sie einen klaren Nachteil für den Standort darstellen. Der Erfolg des Industriestandorts Deutschland im internationalen Wettbewerb hängt stark von der engen Zusammenarbeit von Politik und Wirtschaft ab. Damit Deutschland bis 2045 klimaneutral und vollständig zirkulär arbeiten kann, müssen wir jetzt wegweisende Investitionen tätigen. Diese Investitionen werden jedoch nur erfolgen, wenn die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen schafft.
Deutsche Kunststoffhersteller empfinden die hohen Energiepreise und die Verzögerungen beim Ausbau erneuerbarer Energien und den Genehmigungsprozessen als hinderlich für ihre Standortattraktivität. Um weiterhin international wettbewerbsfähig zu sein, benötigen die Hersteller große Mengen an kostengünstigem Strom aus erneuerbaren Quellen sowie einen wettbewerbsfähigen Preis für industriellen Strom während des Übergangs. Plastics Europe fordert außerdem beschleunigte Genehmigungsverfahren.
Eine kürzlich durchgeführte Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen hat ergeben, dass die größten Hindernisse für Investitionen von den Befragten in den hohen Energiepreisen, den bürokratischen und zeitaufwändigen Genehmigungsverfahren, insbesondere für Industrieanlagen, sowie dem demografischen Wandel und dem drohenden Fachkräftemangel gesehen werden. Carolina Hupfer, Geschäftsführerin für Wirtschaft und Zentrale Aufgaben, gibt diese Ergebnisse bekannt.
Ingemar Bühler, Hauptgeschäftsführer, unterstreicht, dass die Bundesregierung in der gegenwärtigen Legislaturperiode eine entscheidende Rolle für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in Deutschland und Europa spielt. Insbesondere fordert er die rasche Implementierung eines Industriestrompreises.